FREUNDSCHAFT

Ein unsichtbares Band – gefüllt mit Energie und einem Magnetstück – so könnte man Freundschaft doch wunderbar beschreiben. Passend zum Abschied des alten Jahres möchte ich hier, als Dankeschön, all das, was mich mit Freundschaft verbindet, mit dir teilen. Nichts ist selbstverständlich, aber manches ist selbstverbindlich. Da musst du nichts dazu beitragen – es ist dann wie es ist. Ein guter Freund ist immer da, auch wenn du ihn nicht mehr sehen kannst. In deinem Herzen gibt es da eine Stelle, die an ihn denkt und an ihm hängt, auch wenn dein Gehirn diesen Menschen auf Ewigkeiten verbannt hat – verdrängt, vergangen, verklärt.

Und dann, in diesem einen Moment – nach Jahren der Abstinenz – entdeckst du dieses Gefühl wieder – genau an der Stelle, wo du es verborgen hattest. Und dieser eine Freund steht wieder vor dir  – voller Erlebnisse ohne dich. Du hast keine Ahnung, was in seinem Leben alles passiert ist, wie er lebt, wie er liebt, wie er spürt, aber du weißt, dass da dieses eine Stück Band ist, das in all der Zeit nie verschwunden war – zwar unsichtbar, wie es auch jetzt noch ist, aber spürbar. Du zitterst, du fragst dich, ob dieser Freund das auch fühlen kann und dann, wenn du in sein Gesicht siehst, weißt du, auch ohne Worte, dass er dasselbe denkt. Ohne Text tauscht ihr euch aus – wie telepathisch – und alles, was ihr euch dann später, mit Buchstaben kombiniert, erzählt, ist nur eine Ergänzung, denn all das macht das Spürbare zwischen euch nur zu Bildern, die es zwischen euch gar nicht braucht, um den anderen zu VERSTEHEN.

Freundschaft ist mehr als nur irgendeine Beziehung oder eine Kameradschaft. Es ist eine Form der besonderen Zusammengehörigkeit und Vertrautheit, die du sonst mit kaum jemandem anderen je haben wirst. Eine Gemeinschaft der Verbundenheit, die keiner Worte bedarf. Ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann.

„Es ist was es ist.“ würde Erich Fried sagen. Ich sage: „ Es ist MEHR als es ist.“ Jedes Wort, jeder Satz, jede zugeordnete Bedeutung würde das, was es tatsächlich ist, einfach zerstören. Daher bin ich hier mit meiner Beschreibung auch schon fast am Ende angekommen – denn, was ich auch schreibe, es kann das Thema Freundschaft kaum präzisieren oder auf den Punkt bringen. Hinter eine Freundschaft würde man auch nie einen Punkt setzen, denn das würde ja das Ende bedeuten. Und auch ein Ende kann es in einer Freundschaft nicht geben. Kein Streit, keine Unstimmigkeit und kein Sturm können eine echte Freundschaft je entzweien. Denn es geht um ZWEI, die man nicht teilen kann. Kein Messer ist scharf genug und keine Botschaft so explosiv um sie zu sprengen.

Magst du deine Freundschaften sortieren? Kann man das? Versuche es einfach mal. Die echte Freundschaft wird sich herauskristallisieren. Sie ist das, was übrig bleibt, wenn du all den anderen Bekanntschaften einen Platz eingeräumt hast, in einer zugeordneten Ecke. Die wahre Freundschaft wird weder durch Feuer noch durch Wasser zerstörbar sein. Kein Orkan und auch kein Vulkan können dran rütteln und sie zerteilen. Sie bleibt was sie bleibt.

Schau dich daher um und stöbere nach. Mache den Feuer- und den Wassertest. Und achte darauf, was nach deinen Experimenten als Ergebnis stehen bleibt. Und wenn du das gefunden hast, dann sage DANKE zu diesem Menschen, DANKE für dieses Gefühl und DANKE, dass du es erkennen konntest. Denn das Schwierigste an all dem ist das Erkennen, das Sehen und Wahrnehmen. Festhalten musst du dann nämlich gar nichts, denn eine Freundschaft steht und fällt mit dem Loslassen und Festhalten – wenn beides in Balance bleibt.

Hinweis: Um den Textfluss nicht zu zerstören wurde auf das Gendern verzichtet. Es sind natürlich Freunde und Freundinnen gemeint.